PiK – Peers im Krankenhaus

Peer Counseling für akut amputierte Patienten

Der Verlust eines Körperteils ist ein traumatisches Ereignis, das Patienten und Angehörige vor große Herausforderungen stellt. Ärzte, Psychotherapeuten, Pflegepersonal, Physiotherapeuten, Orthopädietechniker und Reha-Manager unterstützen und leisten ihr Bestes, um zu helfen. Aber alle Fragen zur neuen Lebenssituation können sie nicht beantworten. Dazu braucht es jemanden, der die Sorgen und Nöte kennt, weil er oder sie eine solche Situation selbst erlebt hat. Einen Peer!

Peer-Fortbildung 2016

Mit einer erfolgreichen Auftaktschulung und der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung startete Ende 2014 das Projekt Peers im Krankenhaus (PiK).

Die nunmehr dritte Schulung für Peers, Ärzte, Therapeuten und Orthopädietechniker fand am 11. und 12. November 2016 wiederum in Berlin statt.

Die zweitägige Fortbildung informierte über die Arbeit als Peer, medizinische, rechtliche und psychologische Grundlagen, lieferte einen Einblick in gelungene Gesprächsführung und ermöglichte in Workshops für Ärzte und Peers den direkten Austausch zu praktischen Fragen.

Schulungsprogramm

Zusatzworkshop „Resilienz“

Schulungsbericht

Die bereits  3. Schulung  PiK (Peers im Krankenhaus) brachte erneut  interessierte Ärzte, Psychotherapeuten, Sachbearbeiter und Rehamanager der Berufsgenossenschaften, Orthopädietechniker, Ergo-, Physio- und Sporttherapeuten sowie bereits aktive oder zukünftige Peers mit Amputation im Unfallkrankenhaus Berlin zusammen. In fast gewohntem Ablauf fanden sich wiederholende und neue Teilnehmer ein.

Es erwartete sie ein vielfältiges Spektrum an Vorträgen und verschiedenen Workshops. Im Mittelpunkt standen die Anforderungen an Fahrzeug- und Führerscheinanpassung, Resilienz und die aktive Umsetzung der Gespräche. Weitere Themen waren der Ausbau der Beratung, die wissenschaftliche Aufarbeitung und daraus erkennbare Effekte, Fahrsicherheitstraining, berufliche Orientierung und Extremsport. Die Thematik Orthopädietechnik, in diesem Jahr Versorgungen bei Armamputationen, durfte natürlich nicht fehlen.

Anhand der begonnenen wissenschaftlichen Untersuchung konnten erste positive Effekte der Beratungsgespräche dargelegt werden. Die Mehrheit der Befragten gab an, durch diese Beratung profitiert zu haben. Fragen zur Prothesennutzung, Familie, Beruf und vielem mehr konnten mit dem Peer thematisiert werden.

Resilienz als Ressource der Krisenbewältigung lieferte vielen Peers durch den Vortrag und auch aktiven Workshopanteil die Möglichkeit ihre eigene Widerstandskraft zu überprüfen oder Wege zur Nutzung zu erfahren.  Die Fähigkeiten und Kraft Krisen zu bewältigen, soll durch die Beratung aktiv bestärkt werden.

Sehr positiv bewertet wurde die aktive Gruppenarbeit zur Erstellung des sog. Peerknigge. Erfahrungen der Teilnehmer flossen ein, um einen Leitfaden zur Beratungssituation zu schaffen. Vorab wurden grundlegende Beratungsempfehlungen erarbeitet. Diese lauteten: „Setze einen klaren Gesprächsrahmen, sei ganz Du selbst, wertungsfreie Beratung, Zuhören, Positives stärken…, erkenne die Gefährdung des Gegenübers, (eigene) Grenzen beachten, eigene Amputation nicht in den Vordergrund stellen, keine Produktwerbung, Honorare vereinbaren – nicht erwarten“. Ergänzt wurden sie durch die erarbeiteten Vorschläge und Ziele.  Der gesamte Leitfaden wurde schriftlich für die Teilnehmer und zukünftig auch auf der Webseite des BMAB e.V. allen Interessierten zur Verfügung gestellt.

Wie im Vorjahr konnte das Angebot der Supervision begleitend ermöglicht werden. Es wurde durch die Peers gut angenommen und genutzt. Einleitend wurde die Supervision erläutert.  Durch einen Perspektivwechsel, angeleitet durch eine außen stehende Person (Supervisor), können Konflikte in der Beratung aufgezeigt, Frustration abgebaut sowie Schwierigkeiten der Beratungsgespräche reflektiert werden. Durchgeführt wurde diese Möglichkeit der Entlastung und Problembearbeitung von einer Diplom Psychologin der Abteilung für Psychotraumatologie des Unfallkrankenhauses Berlin.

Der Gesellschaftsabend hat sich inzwischen am Abend des ersten Vortragstages im nördlichen Anbau des Kesselhauses auf dem Gelände des Unfallkrankenhauses etabliert. Er ermöglicht in angenehmer Atmosphäre den direkten Austausch zwischen Peers und allen Akteuren der Behandlung und Rehabilitation. Für das leibliche Wohl wird gesorgt und bei einem Glas Wein oder Bier kamen zahlreiche angeregte Gespräche zu Stande.

Die Schulung dient auch immer mehr der Kontaktaufnahme, Wissensverbreitung und Unterstützung der Peertätigkeit. Dabei wird in den zahlreichen Diskussionen immer wieder deutlich, dass noch viel Grundsatzarbeit und Überzeugung geleistet werden muss. Nicht in allen Krankenhäusern oder bei den Kostenträgern wird die Peerberatung als sinnvoll erachtet. Auch Ärzte entscheiden oft ohne den Betroffenen zu befragen, dass eine Beratung nach Amputation doch „gar nicht notwendig“ sei.

Die steigende Zahl der Teilnehmer, inzwischen waren es über 100, und weitere Nachfragen beweisen ein wachsendes Interesse. Die bereits teilnehmenden und tätigen Peers liefern regelmäßig gute Impulse für den Austausch und Problembereiche des Peer Counseling. Der Zutritt zu den Kliniken und der Kontakt zu den potentiell zu Beratenden bleibt jedoch nach wie vor erschwert. Nur durch weitere Tätigkeit und Publikation der Projektvorteile kann die Popularität und auch der Nutzen vermittelt werden.

Die Hoffnung der Ärzte und Therapeuten auf eine bereits existente Peerstruktur zu treffen, bleibt Aufgabe und Zukunftsperspektive. Entsprechende Tätigkeiten wie Peer-Landkarte oder die Vermittlung der Peers über den BMAB und seinen Internetauftritt sind aber auf dem Weg. Gebraucht werden weiterhin Peers, die ihren Beratungswunsch aktiv in die Tat umsetzen.

Um eine Basis an Informationen und Grundlagen bei Amputationen zur Verfügung zu stellen, wird die Schulung 2017 fortgesetzt. Vom 17.-18.11.2017 wird das Kesselhaus erneut Treffpunkt für Peers und andere Interessierte.

Autor: M. Beirau, 21.01.2017